Die Torfabrik hat geschlossen – Befreiungsschlag in Bischofshol
Fußball und Phrasen, irgendwie gehört es doch zusammen. Viel wurde im Vorfeld des gestrigen Spiels in Phrasen verpackt, teils in platte und teils in abgedroschene. Nach der Pleite in Papenburg gab es die Frage nach der Moral der Mannschaft, nach dem Abstiegsgespenst oder dem Kampf, der endlich mal angenommen werden müsse. Zumal mit dem TuS Bersenbrück die sprichwörtliche Torfabrik der Oberliga vorstellig wurde, also ausgerechnet dort, wo die Schießbude der Liga steht. Tore waren also garantiert, oder? Die Mannschaft hatte unter der Woche Zweikämpfe trainiert und so wurde am Sonntag zusätzlich der sogenannte Betonmischer aus dem reichhaltigen Fundus des RKS entstaubt und in die Viererkette gebaut, die aus Marc-Benjamin Klusmann und Tom-Lauritz Becker auf den Außenbahnen und Erik Henschel und Moritz Alten im Abwehrzentrum bestehen sollte.
Die Null muss stehen
So begann nach einer Schweigeminute in Gedenken an die Opfer der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien ein Oberligaspiel, das viel versprach und zumindest an Spannung auch einiges zu bieten hatte. Die Kleinstädter aus dem Landkreis Osnabrück in provokantem roten Dress gekleidet begannen forsch und zeigten auf sehr gutem Geläuf einige sehenswerte Kombinationen. Den ersten Nadelstich setzte Neu-Außenverteidiger Marc-Benjamin Klusmann nach sehenswerter Balleroberung und langem Ball auf Michael Owusu, der allerdings scheiterte. Nach langer Abtastphase war es Luis Prior Bautista in Minute 22, der einen Eckball von Kriseld Doko aus der Luft nahm und Richtung Bersenbrücker Gehäuse drosch, aber im Bersenbrücker Verteidigungsverbund hängenblieb. Die folgenden Minuten gehörten dem Gast aus der Hasestadt, die aber in Dominik Grimpe ihren Meister fand. Die Schießbude der Liga hatte bis dato nicht geöffnet, eine Glanzparade vom Bischofsholer Schlussmann in der 28. Minute war die späktakulärste Aktion in dieser Drangphase. Einen Distanzschuss von Cedric Heidenreich gibt es noch zu notieren, bevor es den beliebten Pausentee zur Verkostung gab und die Trainer die Taktiktafeln herauskramten.
Aller guten Dinge sind drei
In unveränderter Formation schickte Coach Semir Zan seine Truppe aufs Feld, die sofort gut in die Partie fand. Einen Drehschuss von Michael Owusu konnte Bersenbrücks Torhüter abwehren, eine sehenswerte Kombination von Kriseld Doko mit Yannick Kranz war letztlich nicht zwingend genug, um das Runde ins Eckige zu bugsieren. Nach einer knappen Stunde wurde die bis dato beste Chance aus Sicht vom SVA vereitelt, eine schnelle Auffassungsgabe von Luis Prior Bautista sorgte für einen Heber aus über 40 Metern, die Bersenbrücks Schlussmann Nils Böhmann etwas konventionell noch gerade entschärfen konnte. Eine Zeigerumdrehung später war es der heutige Kapitän David Lučić, der Böhmann zu einer Glanztat zwang. Das Spiel verflachte nun zusehends, beide Teams schenkten sich im Mittelfeld nichts, aber Torchancen wurden auch kaum noch herausgespielt. Eine Rettungsaktion von Marc-Benjamin Klusmann leitete eine wiederum spannende Schlussphase ein. Zunächst hatte Klusmann mit einer Aktion an der Außenlinie geklärt, die eher bei Wrestlemania zu sehen sein könnte und mit dem gelben Karton bedacht wurde. Am Ende muss man aber einfach auch mal Glück haben, dieses Glück erzwingen oder es erarbeiten oder einfach mal draufhalten. Wenn man nicht weiß, wohin mit dem Ball, dann einfach ins Tor. Der eingewechselte Chinoso Anoliefotu wusste also in Minute 84 nichts mit dem Ball anzufangen, also setzte er einfach aus 18 Metern zum Torschuß an, die Murmel fand die Lücke durch Freund und Feind hindurch und durch die Fingerspitzen des Tormanns abgefälscht ins Netz des Gehäuses voller Glücksgefühle. 1:0! Der Lahmannhügel bebte, das Spiel war nun in der Schlussphase angelangt. Neben dem Betonmischer wurde nun noch ein Bus vor dem Tor von Dominik Grimpe geparkt, der TuS rannte an und das zuletzt in Unterzahl, da gelb und gelb in der Fußballwelt gelb-rot ergibt und einen Ausschluss vom munteren Treiben auf dem Rasen bedeutet. Eine schier endlos werdende Nachspielzeit, lange Einwürfe in den Arminenstrafraum und viele Ecken später beendete der Schiedsrichter Bastian Grimmelmann und die drei Punkte blieben in Bischofshol. Die Schießbude hatte ebenso geschlossen wie die Torfabrik und so gab es ausschließlich glückliche Gesichter zu sehen. Dieser Befreiungsschlag tat besonders gut, da im Tabellenkeller auch sonst ordentlich gepunktet wurde und ein Zeichen im Kampf um den Klassenerhalt gesendet wurde. Die Mannschaft hat Moral bewiesen, gearbeitet ohne Ende und in Marc-Benjamin Klusmann auf ungewohnter Außenpositionen einen Matchwinner, ebenso wie das Tordebüt von Chinoso Anoliefotu erwähnt werden sollte und dem aufopferungsvoll kämpfenden und immer wieder das Spiel an sich ziehenden David Lučić, die ein Sonderlob erhalten sollten. Aber am Ende gewinnt man als Mannschaft, wie es doch immer heißt.
Hier gehts zum Pausentee
Heute Geschichtsbücher – Sonntag Celle
Bevor es am kommenden Wochenende beim MTV Eintracht Celle nicht nur die zweitschönste Vereinshymne der Oberliga zu hören gibt und hoffentlich weitere Punkte für den Ligaverbleib eingesammelt werden, sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass heute an jenen Abend vor 25 Jahren erinnert werden sollte, als der SV Arminia im letzten Aufeinandertreffen im Pflichtspielbetrieb im Niedersachsenstadion den großen Nachbarn mit 4:3 in die Schranken weisen konnte. Die Ligen werden seitdem nicht mehr geteilt, aber die Erinnerung an einen Sieg von blau über rot sollte dennoch eine angemessene Würdigung erfahren.